Arbeitgeber/Arbeitgeberinnen sind „verpflichtet, die für die Sicherheit und Gesundheit der ArbeitnehmerInnen bestehenden Gefahren zu ermitteln und zu beurteilen.“ Auf der Grundlage dieser Ermittlung und Beurteilung sind Maßnahmen zur Gefahrenverhütung festzulegen (ArbeitnehmerInnenschutzgesetz § 4). Dieser Prozess wird als Evaluierung bezeichnet. Unter Gefahren im Sinne des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) sind „arbeitsbedingte physische und psychische Belastungen zu verstehen, die zu Fehlbeanspruchungen führen“ (ASchG §2, Abs 7). Aufgrund dieser Regelungen sind in der Evaluierung körperliche und psychische Gefahren/Belastungen zu berücksichtigen.
Jeder Mitarbeiter/jede Mitarbeiterin hat in der Arbeit Bedingungen, die auch psychisch auf ihn/sie einwirken. Diese psychischen Belastungen können in folgenden Bereichen entstehen:
- Arbeitsaufgabe (z.B. zu hohe Anforderungen an Sehen oder Hören, hohe Konzentration, monotone Arbeitsabläufe, fehlende Einschulung, zu hohe Verantwortung)
- Sozial- und Organisationsklima (z.B. mangelnde Unterstützung durch die Führungskraft bzw. Kollegen/Kolleginnen, zu viele Schnittstellen, keine Einflussmöglichkeit bei Problemen)
- Arbeitsumgebung (z.B. ungünstige Beleuchtung, Lärm, ungünstiges Umgebungsklima, Platzmangel und ungünstige Arbeitsplatzausstattung wirken sich nicht nur körperlich, sondern auch psychisch aus)
- Arbeitsabläufe und Arbeitsorganisation (z.B. Doppelarbeit, häufige Unterbrechungen, belastende Arbeitszeitgestaltung, keine Pausen, fehlende Information, Zeitdruck)
Diese Bedingungen (psychische Belastungen) treffen auf MitarbeiterInnen und dann hängt es unter anderem von den individuellen Voraussetzungen und auch von der privaten Lebenssituation ab, wie sich diese Belastungen auswirken.
Bei der Evaluierung psychischer Belastungen werden konkrete Arbeitsbedingungen (Belastungen), die sich psychisch negativ auswirken können, mit standardisierten Methoden erfasst. Es wird also erhoben, welche Arbeitsbelastungen in einer Gruppe von MitarbeiterInnen gehäuft auftreten. Nicht erfasst werden die Beanspruchungen, d.h. es wird nicht erhoben, ob sich die MitarbeiterInnen z.B. gestresst fühlen, abends nicht abschalten können oder unter permanenter Erschöpfung leiden.
Aufbauend auf eine fundierte Erfassung psychischer Belastungen können präventive Maßnahmen entwickelt und umgesetzt werden. Untersuchungen zeigen, dass Maßnahmen zur Prävention psychischer Belastungen eine Reihe von positiven Auswirkungen auf die Gesundheit der MitarbeiterInnen, die Arbeitszufriedenheit, die Betriebskultur, die Arbeitssicherheit und damit auch auf den Geschäftserfolg des Unternehmens haben.
Für eine erfolgreiche Evaluierung psychischer Belastungen ist es notwendig, dass die Vorgehensweise und die verwendeten Methoden an die Betriebsgröße und die Tätigkeiten der MitarbeiterInnen angepasst werden. Die Anzahl der an einem Arbeitsplatz beschäftigten MitarbeiterInnen ist ein Kriterium für die Gestaltung der Vorgehensweise und für die Auswahl der Methoden. Hier werden zwei Vorgehensweisen beschrieben. Die erste Vorgehensweise ist für kleine MitarbeiterInnengruppen (bis zu 20) gut geeignet, die zweite Vorgehensweise ist für große MitarbeiterInnengruppen geeignet. Diese Vorgehensweisen sind als Modelle zu verstehen, die an die betriebliche Situation angepasst werden müssen. In Großbetrieben kann es sinnvoll sein, an Arbeitsplätzen wo wenige Mitarbeiter beschäftigt sind (z.B. Instandhaltung) die erste Vorgehensweise zu wählen und an Arbeitsplätzen wo viele Mitarbeiter beschäftigt sind (z.B. Montage) die zweite Vorgehensweise.
Beratung bei der Planung der Evaluierung psychischer Belastungen bietet die AUVA:
MMag. Martin Unterkircher, Ing.-Etzel-Straße 17, 6020 Innsbruck.
Tel. 05 9393 34839
Detaillierte Informationen zu den gesetzlichen Grundlagen der Evaluierung psychischer Belastungen und entsprechende Hintergrundinformationen finden Sie:
- Homepage der Arbeitsinspektion
- Leitfaden der Arbeitsinspektion zur „Bewertung der Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen im Rahmen der Kontroll- und Beratungstätigkeit“ (Version August 2013)
- Eine kompakte Zusammenfassung der Anforderungen, die an die Evaluierung psychischer Belastungen gestellt werden, finden Sie im Merkblatt, das vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz gemeinsam mit der Arbeitsinspektion, der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung herausgegeben wurde.
- Auf der Evaluierungshomepage finden Sie einige Verfahren, die für die Evaluierung geeignet sind: Die Arbeits-Bewertungs-Skala – ABS Gruppe, BASA II, Screening Gesundes Arbeiten (SGA), Kurzfragebogen zur Arbeitsanalyse (KFZA)
- Für das Baugewerbe und das Bauhilfsgewerbe sind von der WKO Merkblätter zur Evaluierung psychischer Belastungen erstellt worden.
Diese Vorgehensweise ist für Gruppen mit 3 bis 20 Mitarbeiter gut geeignet.
Bei schriftlichen Befragungen ist zu beachten, dass der Einsatz dieser Methode erst dann sinnvoll ist, wenn die Anzahl der MitarbeiterInnen in einer Gruppe 20 Personen übersteigt.