Wir definieren Stress als wahrgenommenes, länger andauerndes Ungleichgewicht zwischen Anforderungen, die an einem Menschen gestellt werden, und den Möglichkeiten, die ihm zur Bewältigung dieser Anforderungen zur Verfügung stehen. Je wichtiger die Bewältigung einer Anforderung für einen Menschen ist, desto unangenehmer wird dieses Ungleichgewicht erlebt.
Ursachen
Ursachen bzw. auslösende Faktoren (= Stressoren) für Stress sind z.B. Zeitdruck, Arbeitszeitgestaltung, fehlende oder mangelhafte Arbeitsanweisungen, geringe Mitsprache oder Entscheidungsbefugnisse, keine oder zu geringe Anerkennung und Wertschätzung, gefährliche Arbeitsbedingungen, fehlende Ausbildung und private Belastungen.
Ressourcen
Von jedem Menschen werden Belastungen anders wahrgenommen und verarbeitet. Für die Bewältigung von Belastungen ist es wichtig, welche Ressourcen der betroffenen Person zur Verfügung stehen. Ressourcen sind positive Rahmenbedingungen, die Menschen helfen, Belastungen zu bewältigen. Zu nennen sind hier z.B. Handlungs- und Entscheidungsspielraum, Abwechslung, Entwicklungsmöglichkeiten, Anerkennung, Unterstützung durch Kolleg:innen und Vorgesetzte, Qualifikation, Gesundheit oder Motivation.
Folgen
Die Stressreaktion ist ein alter Mechanismus, der es uns, durch die Bereitstellung hoher körperlicher und psychischer Energie ermöglicht, Belastungen erfolgreich zu bewältigen. Beschwerden treten dann auf, wenn diese Belastungen zu zahlreich oder zu intensiv sind bzw. wenn sie zu lange dauern. Als Stressfolgen können sowohl körperliche als auch psychische Beeinträchtigungen auftreten, wobei das Beschwerdebild individuell sehr unterschiedlich sein kann. Wenn solche Stressfolgen stark ausgeprägt sind, spricht man von einem Burnout-Syndrom.
Burnout
Das Burnout-Syndrom bezeichnet ein den Menschen beherrschendes Gefühl der körperlichen, emotionalen und geistigen Erschöpfung, bedingt durch chronische Überforderung.
Das Burnout-Syndrom ist vielfältig und individuell in Auftreten und Ausmaß: Erschöpfung und Niedergeschlagenheit, aber auch körperliche Beschwerden wie Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Magenkrämpfe oder körperliche Dysfunktionen. Typisch sind auch Schuldgefühle oder Versagensängste. Die Betroffenen erleben ihre Umwelt im Allgemeinen als nicht mehr kontrollierbar und ziehen sich zurück.
Zwei Voraussetzungen spielen bei der Entstehung von Burnout zusammen
Hohe Anforderung und Belastungen (Leistungsdruck am Arbeitsplatz, wenig Personal, Zeitdruck, unrealistische Leistungsforderungen, organisatorische Mängel, wenig Unterstützung durch Kolleg:innen und Vorgesetzte, kaum Mitbestimmungsmöglichkeiten, mangelnde fachliche Qualifikation, private Belastungen...)
Persönlichkeit der/des Betroffenen: Nach Freudenberger tritt Burnout vor allem bei Personen auf, die durch hohe Leistungserwartungen an sich auffallen. Sie haben eine starke emotionale Bindung an ihre Arbeit und ein großer Teil ihres Selbstbildes resultiert aus dem Erfolg im Beruf. Ihr Arbeitsstil ist von einem hohen Maß an Perfektionismus geprägt und sie sind häufig nicht in der Lage auch einmal "Nein" zu sagen. Bei Überlastung reagieren sie oft mit noch mehr Einsatz. Dies führt zu einem Teufelskreis, der im Burnout endet.
Zu Beginn steigern Mitarbeiter:innen ihren Einsatz im Unternehmen, um den sich selbst gesetzten hohen Anforderungen zu genügen. Ein Gefühl der Unentbehrlichkeit kann entstehen. Die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse kommt immer mehr zu kurz. Nach einiger Zeit des Überengagements kommt es in der Regel zur Erschöpfung. Chronische Müdigkeit tritt auf. Diese Müdigkeit ist sowohl körperlich (Energiemangel, Psychosomatik) als auch psychisch/emotional (Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit, Ausweglosigkeit, innere Leere, oft im Wechsel mit Reizbarkeit, Ärger, Schuldzuweisungen). Es kommt zu einem Abbau der Leistungsfähigkeit und der Motivation. Die Betroffenen haben eine zunehmend zynische Einstellung gegenüber ihrer Arbeit und anderen Menschen. Die Arbeit mit anderen Menschen wird als Strapaze empfunden. Es kommt zu einer Verflachung des geistigen und sozialen Lebens und der Gefühle. Sozialkontakte werden aufgegeben, geistige Aktivitäten und Hobbys verlieren an Reiz. Parallel dazu, häufig schon zu Beginn, treten psychosomatische Reaktionen auf: Herz-Kreislauf-Beschwerden, Verdauungsprobleme, Magenbeschwerden, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen oder Schlafstörung. Es kann zu extrem veränderten Essgewohnheiten, übermäßigen Alkoholkonsum oder auch zur Einnahme von Medikamenten kommen. Findet keiner Unterbrechung des Burnout-Prozesses statt, kann es zu einem Stadium der Verzweiflung kommen, an diesem Punkt besteht erhöhte Suizidgefahr.
Prävention und Therapie
In der betrieblichen Stessprävention müssen die Arbeitsaufgaben, die Arbeitsumgebung, die Arbeitsorganisation und die sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz analysiert werden. Aufbauend auf diese Analyse können dann Maßnahmen entwickelt werden, durch die einerseits Belastungen reduziert und andererseits betriebliche Ressourcen gefördert werden. Dafür ist die Evaluierung psychischer Belastungen das Mittel der Wahl.
Auf der persönlichen Ebene kann es u.a. erforderlich sein die eigenen Ziele und den eigenen Arbeitsstil zu hinterfragen und zu verändern. Wenn der Burnout-Prozess weiter fortgeschritten ist, sollte psychotherapeutische und ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden.
Psychotherapeut:innen, die auf Burnout spezialisiert sind, finden Sie auf der Homepage des Tiroler Landesverbandes Psychotherapie.
Auf Burnout spezialisierte Psycholog:innen in Tirol finden Sie im Psychnet.
Rehabilitation wird im Sonnenpark Lans angeboten.
Weiterführende Informationen zum Thema Stress
Informationen zum Stress, organisatorischen und individuellen Maßnahmen zur Stressprävention und Checklisten finden Sie unter: http://stressnostress.ch
Die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz bietet nützliche Informationen zum Thema Psychosoziale Risiken und Stress am Arbeitsplatz.
Die Broschüre BURN ON statt BURN OUT der Wirtschaftskammer bietet einen guten Überblick über das Burnout-Syndrom und zu Interventionsmöglichkeiten.
Arbeitspsychologie
Arbeitspsycholog:innen befassen sich mit dem Erleben und Verhalten von Menschen in Organisationen. Sie beobachten und analysieren Arbeitsbedingungen und Arbeitsaufgaben und die Ressourcen der arbeitenden Menschen. Ziel der Arbeitspsychologie ist die Veränderung der Arbeitsinhalte, Arbeitsprozesse und der Arbeitsorganisation dahingehend, dass die körperliche und geistige Gesundheit der Beschäftigten gesichert bzw. weiterentwickelt wird.
Arbeitspsycholog:innen können in der Prävention zusätzlich zur Sicherheitsfachkraft und zum/zur Arbeitsmediziner:in hinzugezogen werden. Für arbeitspsychologische Beratungsleistungen können bis zu 25% der jährlichen Präventionszeit verwendet werden.
Die in Tirol auf die Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen spezialisierten Psycholog:innen finden Sie im Psychnet.